Freitag, 26. Juni 2009

Du stehst am Fenster

Du stehst am Fenster
und betrachtest den Fluß
glimmernd durch die Gassen der Stadt
Häuser und Menschen
die dir nichts bedeuten
vor den Augen.

Was sie verbindet mit dir
- Iris Netzhaut Sehnerv -
mit dem was du siehst
weiß niemand in diesem Sommer.

Nicht im mückenübertanzten Garten
im Gelächter unten am Haus
an den weit zur Terrasse geöffneten Türen
und nicht über den Bäumen
und der Stadt irgendwo
an oder unter diesem seltsam hellen Himmel
bist du zuhause
zufrieden mit der Möglichkeit zu sein.

Nichts hält dein Herz und nichts die Seele
du bist unruhig denn keines der Leben
die du hier und andren Ortes Leben kannst
sind der Weg den deine Sehnsucht geht.

Was bleibt dir als seufzend
den Platz am Fenster zu verlassen.

Mittwoch, 17. Juni 2009

Andre Heller: Wien

Es ist ein unheiliges Wunder um dieses Wien:
Überall tragen die Menschen einen Zirkus unter dem Herzen
Mit richtigen Seiltänzern, einem Königstiger, Reifenspringern,
Über allem ein Zelt und tausende Fahnen.
Im Frühjahr lehren sie ihre Kinder das ABC und
Sprechen von türkischem Honig.
Sie machen Geschäfte mit der Sonne und tragen die Pelze ins Dorotheum.
Es stirbt einer, den sie hinausbegleiten und alle beneiden.

Eine Papierrose für Ferdinand Raimund
Eine Jungfrau für Konrad Bayer
Eine Postkarte für Peter Altenberg
Ein Feuerwerk für Johann Nestroy
Ein Spaziergang für Arthur Schnitzler
Ein Megaphon für Karl Kraus
Einen Junimorgen für Joseph Roth
Eine Zigarettendose für Gustav Klimt
Einen Stadtteil für Josef Matthias Hauer
Eine Taschenlampe für Ludwig Wittgenstein
Ein Motorrad für Abraham a Santa Clara
Einen Viewmaster für Sigmund Freud
Einen Ohrring für Joseph Kainz
Einen Regenbogen für Egon Friedel
Eine Nähmaschine für Adolf Loos
Ein Kartenhaus für meinen Vater

Freitag, 12. Juni 2009

Mit Hunden im Oktober

„Lächeln & lieb aussehen“ sagst du
und ich muß lachen denn
wenn das schon alles wär’…

Auch habe ich nur den Blickpunkt der Kamera
und ich weiß nicht wer da lügt
- die Wiese umzugraben hielte ich hier ebenfalls für übertrieben

So viel, was trotz des gestochen scharfen Bildes
nicht gesagt werden kann!

Aber es ist wie es ist – und das
ist auch vorbei
Warum soll ich dich jetzt noch fragen?
Zwar sammelt sich mein Mut durch Niederlagen
und was mich nicht stärker macht
bringt mich nur um
Aber schließlich: Dafür hat man ein Herz
nun soll es auch brechen

Ach, die Bäume sind noch grün und auch die Wiesen
doch ein Braun verbirgt sich schon in allem
und der Kummer der Vergeblichkeit!