Donnerstag, 11. November 2021

Aus einem Roman

Und ist es nicht überhaupt so, daß es Blödsinn und zwar völliger und gefährlicher Blödsinn ist zu behaupten, daß alles zu verstehen bedeutet auch alles zu vergeben? Aus Verständnis entsteht alles mögliche, aber mit Vergebung hat das alles nichts zu tun. Das hat mit Vergebung, denkt sie, nur ein paar Buchstaben gemeinsam und das wars. Zu lieben, wirklich zu lieben, aus Prinzip heraus zu lieben, weil das alles ist was zählt und zu irgendwas führt, das heißt alles zu vergeben. Weil die Liebe größer ist, viel größer. Aber eben nur die Liebe und sonst gar nichts. Und vielleicht bricht Ede sie ja gar nicht auf Lottis elendes Niveau herunter, sondern behält sie lieb und über die Jahre, viele Jahre, wird sie in seinen Erinnerungen, in seinem Herzen langsam, langsam wachsen und einen Platz beanspruchen, auf den keine Andere und auch sonst nichts und niemand irgendein Anrecht hat und wenn er das merkt, dann ist es schon zu spät, dann wird er sie nicht mehr loswerden können, dann gehört sie schon zu ihm. Und er wird sie lieben, weil er sie schon immer geliebt hat, weil sie zu ihm gehört und schon immer zu ihm gehört hat und es gar nicht anders sein kann. Und dann wird er ihr vergeben, nein, bereits vergeben haben, weil er das dann unmöglich noch vor sich haben kann. Das geht dann nicht mehr. - Und wenn er sich getröstet hat, wird er froh sein, mich gekannt zu haben. Das ist zwar nicht von mir, aber trotzdem schön. -

(Oldenburg am 6. November 2021)

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