Mittwoch, 27. Februar 2019

Irgendeiner spinnt immer II

In einer der Mühlen zu Lautern hatte ein verrückter Schwärmer, Augustin Bader (nach andern hieß er auch Weber,) seines Handwerks ein Kirschner von Augsburg, der sich für einen König und Propheten ausgab, mit seinen Genossen seinen Sitz aufgeschlagen, bis er dort gefangen und in Stuttgart hingerichtet wurde. Als Wiedertäufer von Augsburg 1529 verwiesen, hatte Augustin seinen Weg nach Ulm eingeschlagen. Eine himmlische Offenbarung hatte ihm unter Wegs gesagt, er sey zum König auf Erden bestimmt, sein Reich werde tausend Jahre dauern, und nach ihm werde sein Geschlecht regieren. Er warb einige Anhänger, und ließ sich zu Ulm Krone, Scepter, Schwert, Dolch, ein mit Pelz ausgeschlagenes Gewand, einen seidenen Leibrock und einen Sternenhimmel machen. So ausgerüstet begab er sich mit 10 Anhängern in das einsame Lauterthal und überredete einen Müller zu Lautern, daß er ihm und den Seinigen seinen Stall zur Heerberge einräumte. Von hier aus glaubte die neue Majestät ihr Reich am schnellsten zuerst über Würtemberg ausbreiten zu können, das mit der österreichischen Regierung, unter der es damals stand, unzufrieden, ihr am empfänglichsten für den Plan schien. Der längere Aufenthalt der Gesellschaft und ihr Verkehr wurde bald dem Müller verdächtig, er machte eine Anzeige und der König mit seinem ganzen Hofe wurde unversehens in der Nacht überfallen und gefangen nach Stuttgart abgeführt. Der noch in frischem Andenken stehende Bauernaufruhr beschleunigte den Prozeß; Augustin und seine Genossen wurden zum Tode verurtheilt. Am 30 März 1530 wurde Augustin auf einem Karren durch die Straßen von Stuttgart geführt, auf bestimmten Plätzen mit glühenden Zangen gezwickt, sodann auf dem Markte mit demselben Schwert hingerichtet, das er sich in Ulm für seine Königswürde hatte verfertigen lassen, und sein Körper hierauf verbrannt. Die Andern wurden zu Nürtingen, Tübingen und Blaubeuren enthauptet und verbrannt. Vergl. Crusius Schw. Chronik II. S. 228., Sattler Herzoge II. 202. und III. Beyl. 151 und 152. Am besten ist die Geschichte erzählt von Herr Prof. Veesenmayer in der Zeitschrift: Die Denkmähler. Band I Heft I. Augsburg 1819.

Memminger: Beschreibung des Oberamts Blaubeuren (Stuttgart und Tübingen 1830) 230f

Sonntag, 10. Februar 2019

Wo die Verwirklichung des Daseinssinnes nicht mehr in der Beziehung zu Gott hin möglich ist [Augustinus, Gottesstaat], da erfährt das Menschsein eine ungeheure Verarmung, eine enorme Verkürzung in seinen Ansprüchen, ja Schrumpfung in seinem Sein. Das Problem Mensch verlangt jetzt eine neue Lösung. Ist sie nicht mehr zu suchen "im Transzendeten" oder Ewigen, so muß sie gesucht werden im Zeitlichen oder Endlichen, in Sein und Zeit, im In-der-Welt-sein also. Aber darin allein geht die "Rechnung" nicht auf. Es bleibt ein "Rest", der sich in die Endlichkeit nicht fügt, die Sehnsucht über die "weltliche" Endlichkeit des Daseins hinaus nach Einigung mit dem unendlichen und ewigen Sein. Sie ist, wir wissen es, nur möglich als Widerspruch gegen die Endlichkeit. Der Name dieser Sehnsucht lautet auch heute noch: Liebe.

Ludwig Binswanger
Grundformen und Erkenntnis menschlichen Daseins

Freitag, 1. Februar 2019

Bebenhausener Bilder XXI

Bebenhausen
Württemberg
Schalksnarr! Was versuchst du
die leichten schwebenden Gewölbe
zu Boden zu ziehen wie eine Glocke
an deren Seil du hängst?

Eine Aufgabe für Engel ist's
was du unternimmst
Sieh wie du strauchelst
wo sie sich schon mühn!